05.03.2018
Brückenschlag in die Gesellschaft
Der SkF startet "BridGe", ein Projekt für Flüchtlinge und Migranten.
Viele Flüchtlinge in den Unterkünften plagt die Langeweile. Sie warten auf einen Sprachkurs, dürfen trotz eines Berufsabschlusses nicht arbeiten. Die Frauen und Männer suchen eine sinnvolle Beschäftigung. Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) Recklinghausen e.V. will ihnen mit einem neuen Angebot dabei helfen, in Deutschland Fuß zu fassen. Dazu startete heute (6. März) an der Friedhofstraße 2 das Projekt „BridGe“ mit einer Frisier- und Nähstube.
„BridGe ist ein Akronym und steht für einen Brückenschlag in die Gesellschaft. Hier können Flüchtlinge erfahren, wie ein Frisiersalon oder eine Schneiderei in Deutschland funktioniert“, erklärt Ute Pahnke, stellvertretende Vorsitzende des SkF. In einer vollausgestatteten Frisierstube sowie in der benachbarten Näh- und Handarbeitsstube können Flüchtlinge und Asylbewerber ihren in der Heimat erlernten Tätigkeiten nachgehen. Jüngere Menschen erhalten Einblicke in den Schneider- und Friseurberuf.
Der „Salon“ soll zweimal in der Woche öffnen. Er wird ehrenamtlich geführt und von den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern des SkF begleitet. Mit Rita Assauer konnte zudem eine versierte Fachkraft gewonnen werden. Die Hertenerin ist Friseurmeisterin und Kosmetikerin im Ruhestand und bildete über 40 Jahre unzählige Auszubildende im Vest aus. „Vielleicht will jemand ja eine Lehre anstreben, er oder sie würde dann nach unserer Einführung sicher gut klarkommen“, verspricht die 66-Jährige. „Grandios, dass wir eine solche Fachkraft dabei haben, die den Flüchtlingen und auch den Ehrenamtlichen sicher sehr gute Tipps gibt“, freut sich der Geschäftsführer des SkF, Giancarlo Cillis.
Die Frisierstube hat einen Damen- und einen Herrenstuhl. Neben diesen zwei Arbeitsplätzen gibt es noch einen separaten Waschtisch, Übungsköpfe und vieles mehr, was auch in einem Friseursalon zu finden ist. Die Nähstube ist mit fünf Nähmaschinen ausgestattet sowie einem Bügeleisen mit Bügelbrett.
Die Flüchtlinge frisieren sich gegenseitig. Für ihre Dienstleistung nehmen sie kein Geld. Laufkundschaft wird es nicht geben. „Wir wollen für eine spätere Integration in den Arbeitsmarkt die erforderlichen Grundvoraussetzungen wie Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Teamfähigkeit, planerisches Denken, Ordnung und Durchhaltevermögen trainieren“, sagt Ute Pahnke. Deutschkenntnisse könnten im Kontakt mit den Ehrenamtlichen und Sozialarbeitern vertieft werden.
Zum Hintergrund: Während des laufenden Asylverfahrens ist es Flüchtlingen nur unter besonderen Bedingungen erlaubt zu arbeiten. Die Ausländerbehörde muss die Arbeit genehmigen. Dazu prüft die Arbeitsagentur zuvor die Nachrangigkeit des Jobs und die konkreten Arbeitsbedingungen und gibt daraufhin ihre Zustimmung. Das langwierige Antragsverfahren frustriert viele Flüchtlinge. Sie wünschen sich eine unbürokratische Lösung. „Viele sehnen sich nach einer sinnreichen Beschäftigung, zumal die meisten bereits im Heimatland eine Ausbildung genossen haben oder einer Arbeit nachgegangen sind“, erklärt Sybille Averdung, Koordinatorin des Fachbereichs Migration und Flüchtlinge. „Mit unserem Projekt wollen wir Flüchtlingen, die eine Bleibeperspektive haben, eine Lebensperspektive eröffnen. Nicht nur die ausgebildeten Friseure in unseren Unterkünften sind interessiert.“ Auch „Berufseinsteiger“ hätten bereits großes Interesse geäußert, sich unter Anleitung an der Schere ausprobieren zu wollen. Nigerianische Frauen wollen zudem zeigen, wie kunstvoll sich Haare flechten lassen. Info: „BridGe“, Frisier-, Näh- und Handarbeitstube für Flüchtlinge, Friedhofstraße 2/ Ecke An der Dellbrügge. Wer ehrenamtlich in einer der Stuben mitmachen, Stoffe, Wolle und Ähnliches spenden möchte, meldet sich unter Tel. 02361/ 485980.
Bilder von der Eröffnung gibt es hier.