25.11.2020
202 Frauen sind Opfer häuslicher Gewalt
Die Zahlen von Fällen häuslicher Gewalt in Deutschland steigen seit Jahren an. Im Lockdown haben sie noch weiter zugenommen, vermuten Experten. Daher setzt der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) Recklinghausen auch in Corona-Zeiten ein klares Zeichen gegen Gewalt an Frauen. Mit einem eindringlichen Video, an dem sich 202 Menschen beteiligt haben. Anlass ist der „Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen“ am 25. November.
Die Aussage des kleinen Films ist drastisch: Im Jahr 2018 sind 202 Frauen Opfer von versuchtem und vollendetem Mord, Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge durch den Partner im gemeinsamen Haushalt geworden. Im Video halten 202 Personen eine Kerze in der Hand, die sie nach und nach ausblasen. Am Ende ist der Bildschirm dunkel und es erscheint die Aufforderung „Schauen Sie nicht weg“ sowie anschließend ein Hinweis auf Hilfsangebote.
Gewalttaten müssen öffentlich wahrgenommen werden
Mit dieser Darstellung der extremsten Form von Gewalt an Frauen will der SkF klarmachen: Gewalttaten an Frauen sind keine Privatsache. Sie müssen von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Sie dürfen nicht hinter verschlossenen Türen bleiben - dort, wo sie meist passieren. Die Zahl 202 stammt aus der Kriminalistischen Auswertung „Partnerschaftsgewalt“ des Bundeskriminalamts (BKA) für das Jahr 2018. Die Zahl der Delikte Mord, Totschlag und Körperverletzung mit Todesfolge ist durch die Statistik nachvollziehbar. Bei anderen Gewalttaten wie Körperverletzung, Vergewaltigung, sexuelle Übergriffe, Bedrohung, Stalking, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution ist die Dunkelziffer jedoch sehr hoch. Viele Frauen erstatten keine Anzeige.
Dreharbeiten unter Corona-Bedingungen
Die Dreharbeiten unter Corona-Bedingungen (Abstand, Hygiene, Mundschutz) dauerten drei Wochen. Auch Bürgermeister Christoph Tesche und Sozialdezernent Dr. Sebastian Sanders stellten sich vor die Kamera sowie auch viele Vertreterinnen und Vertreter anderer Verbände. „Viele betroffene Frauen schweigen aus Scham. Dieses Video macht auf sie aufmerksam und sensibilisiert uns, genauer hinzuschauen“, erklärte Bürgermeister Tesche. „Allen, die sich beteiligt haben, sagen wir herzlichen Dank für die Unterstützung“, sagte SkF-Vorsitzende Jutta Beeking und fügte an: „Als Frauenfachverband ist es uns besonders wichtig, von Gewalt betroffenen Frauen eine Stimme zu geben.“
Jede dritte Frau in Deutschland ist mindestens einmal in ihrem Leben von psychischer oder sexualisierter Gewalt betroffen. Etwa jede vierte Frau wird mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt durch ihren aktuellen oder früheren Lebenspartner. Betroffen sind Frauen jeden Alters und unabhängig von kultureller und sozialer Herkunft.
"gewaltlos"-Chat hilft betroffenen Mädchen und Frauen
Frauen, die Gewalt erfahren und von Gewalt bedroht sind, brauchen eine Anlaufstelle, bevor noch Schlimmeres passiert. Es gibt Hilfe, auch beim SkF Recklinghausen. Der Ortsverein unterstützt „gewaltlos.de“ (www.gewaltlos.de), eine Chat-Beratungsstelle für von Gewalt betroffene Mädchen und Frauen. Diese digitale Hilfe ist gerade in Zeiten von Corona sehr wichtig. Der Chat kann unabhängig vom Wohnort erreicht werden. Er bleibt am Abend geöffnet, wenn die nahen Hilfen vor Ort geschlossen sind. Die Beratung läuft anonym und kostenlos. „Nur 20 Prozent der von Gewalt Betroffenen suchen eine Beratungs- oder Unterstützungsstelle auf“, weiß Jutta Beeking von einer großen Zurückhaltung. Sehr häufig hat das mit dem Umfeld des Opfers zu tun. Je nach Gewalterfahrung reagiert die Umwelt mit Unglaube, Abwehr, Ohnmacht, auch Widerstand. Die ehemalige SkF-Vorsitzende Elisabeth Ochsenfeld gehört dem Vorstand des Trägervereins von „Gewaltlos.de“ an.
Auf dem Rathausplatz sollten Kerzen leuchten
Eigentlich hatte der SkF in diesem Jahr für den 25. November eine Mahnwache vor dem Rathaus geplant. Auf dem Rathausplatz sollten 202 Kerzen leuchten. Wegen Corona hat sich das Organisationsteam für eine „kontaktlose“ Variante im Internet entschieden.
Aktionstag geht zurück auf Ermordung dreier Widerstandskämpferinnen
Weltweit setzen Menschen alljährlich am 25. November ein deutliches Zeichen gegen Gewalt an Frauen. Das Datum geht zurück auf die Ermordung von drei aus der Dominikanischen Republik stammenden Widerstandskämpferinnen am 25. November 1960 durch das Trujillo-Regime. 1999 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen, den 25. November zum "Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen" zu erklären. Weltweit finden seither an diesem Tag Aktionen statt, die auf das Thema aufmerksam machen.
Der SkF veröffentlicht das Video am 25. November auf seinen digitalen Kanälen Homepage (www.skf-recklinghausen), Facebook und auf Youtube unter dem Hashtag #ausgelöscht.