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26.10.2021

"Der Pflegekinder- und der Adoptionsdienst haben sich stetig weiterentwickelt."

Es war im Oktober 1991, als Andrea Korte-Toffel ihre Arbeit beim SkF im Adoptions- und Pflegekinderdienst begann – heute vor 30 Jahren. Zum Dienstjubiläum haben wir mit der Diplom-Sozialpädagogin gesprochen: Wie war das damals? Was ist heute noch so wie früher? Was hat sich total verändert? Ein Lesestück.

SkF-Vorsitzende Jutta Beeking gratulierte Andrea Korte-Toffel im Namen des gesamten Vorstands und der Geschäftsführung und überreichte einen Präsentkorb und ein Dankesschreiben.

Bevor Andrea Korte-Toffel zum SkF nach Recklinghausen kam, arbeitete sie in der sozialpädagogischen Betreuung einer Außenwohngruppe eines Kinderheimes in Gelsenkirchen und leitete anschließend einen Kindergarten in Bochum-Wattenscheid. Seit dem Wechsel zum SkF ist sie im Adoptions- und Pflegekinderdienst tätig. Im Rahmen dessen baute sie 2011 auch „RiVer“ auf, ein bis heute existierendes Projekt für Kinder von sucht- und/oder psychisch kranken Eltern in Zusammenarbeit mit dem Caritasverband.

Frau Korte Toffel, Sie sind 30 Jahre in einem höchst sensiblen und auch emotional bewegenden Arbeitsfeld unterwegs. Wie war das?

Es war immer eine interessante und anspruchsvolle Tätigkeit. Der Pflegekinder- und auch der Adoptionsdienst haben sich stetig weiterentwickelt. Zum Beispiel: Der Bedeutung der Herkunftsfamilie für die Entwicklung der Kinder wurde zunehmend mehr Beachtung geschenkt. Es gab neue Erkenntnisse im Zusammenhang mit Traumata. Das hatte Auswirkungen auf die Behandlungs- und Heilungsmöglichkeiten und dementsprechend auf die Beratung.

Bei alledem nehmen Sie als Beraterin eine wichtige Rolle ein und haben sicherlich viel erlebt. Woran denken Sie gerne zurück?

Ich habe Menschen begleitet, meist über viele Jahre, und durfte die Entwicklung vieler Kinder miterleben. Viele Menschen haben mir ihr Vertrauen entgegengebracht, mir Einblick in ihre Privatsphäre gegeben, ihre Nöte und Sorgen, aber auch ihre Freuden mitgeteilt.

Da sind die Bewerber, die gerne ein Kind in ihr Leben aufnehmen wollen, im Rahmen der Vorbereitung. Die leiblichen Eltern, die spürten, dass sie die Verantwortung für das Kind, das sie erwarten, nicht tragen können und die manchmal dennoch aus der Ferne ein wenig die Entwicklung ihres Kindes begleiten möchten. Die Pflege- und Adoptiveltern, die sich um die Entwicklung ihres Kindes sorgen oder ihre Freude über die einzelnen positiven Entwicklungsschritte teilen möchten. Und dann die Kinder und Jugendlichen, die sich mit jemanden, der ihre Situation kennt, einmal außerhalb der Familie austauschen möchten. Und die erwachsenen Adoptierten schließlich möchten sich vorsichtig mit ihrer Herkunft auseinandersetzen.

Das hört sich nach vielen Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Menschen an. Was hat sich im Laufe der Zeit stark verändert?

Die Adoptionsvermittlung hat sich zum Adoptionsdienst entwickelt. Es geht nicht nur um die Vermittlung der Kinder in eine neue Familie. Leibliche Eltern werden, wenn sie es wünschen, auch nach der Freigabe ihres Kindes beraten und weiter begleitet. Dies Angebot richtet sich natürlich auch an Adoptiveltern nach der Adoption.

Im Adoptionsdienst stehen wir adoptierten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen als Ansprechpartner und Berater zur Verfügung, wenn sie sich mit ihrer Herkunft auseinandersetzen und den Kontakt zu ihrer Herkunftsfamilie aufnehmen möchten. Wir begleiten auch Jahre nach der Adoption noch den Informationsaustausch oder auch halboffene Treffen zwischen Adoptivfamilien und leiblichen Eltern.

Durch das neue Adoptionshilfegesetz wird die Beratung und Begleitung für alle an einer Adoption Beteiligten vor, während und nach einer Adoption sichergestellt und verbessert. Bedauerlich ist allerdings, dass in diesem Zusammenhang die Forderung nach finanziellen Förderungsoptionen für freie Träger in der Adoptionsvermittlung nicht berücksichtigt wurde. Dabei sind die Adoptionsdienste in kirchlicher Trägerschaft eine wichtige Ergänzung zu denen in den Jugendämtern. Sie ermöglichen allen Beteiligten eine Wahlmöglichkeit. Hier wünsche ich mir für alle Adoptionsdienste in kirchlicher Trägerschaft eine angemessene finanzielle Grundlage.

Im Arbeitsfeld des Pflegekinderdienstes hat sich die Bedeutung der leiblichen Eltern im Rahmen der Betreuung gemäß § 33 SGB VIII verändert. Dies zeigt sich zum Beispiel in der Zunahme der begleiteten Umgänge. Und leider wird es schwieriger Familien zu finden, die sich die Aufnahme eines Kindes in ihrer Familie vorstellen können.

Und andersherum gefragt: Was hat sich bewährt? Was ist heute noch so wie vor 30 Jahren?

Meine Haltung und Sicht in der Arbeit: Ich finde es wichtig, immer vom Kind aus auf die aktuelle Situation, aber auch auf die Perspektiven zu schauen. Daher stelle ich mir in meiner Arbeit immer zwei für mich zentrale Fragen: Was bedeutet die aktuelle Situation und mein Handeln für das Kind jetzt und perspektivisch für die Zukunft? Könnte ich einem erwachsenen Adoptiv- oder Pflegekind stets erklären, warum ich zu einem konkreten Zeitpunkt eine konkrete Entscheidung getroffen habe?

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